Aktenplan, Produktplan & Co. - Welche Ablagesystematik ist die passende?

Ein Gastbeitrag von den Kollegen des Projekts DiVA.
Wenn eine Kommune die E-Akte einführt, stellt sich schnell die Frage: Nach welcher Ordnung sollen die Akten abgelegt werden? Während Papierakten in festgelegten Regalen und Ordnern abgelegt werden, bieten Dokumentenmanagementsysteme (DMS) neue Möglichkeiten, Schriftgut strukturiert zu erfassen und zu verwalten. Doch wie sieht eine sinnvolle Ablagesystematik aus? Gibt es „die beste Lösung“?
Das DMS als Speicherort - ohne Ordnung nur leere Regale
Ein DMS stellt zunächst nur den digitalen Speicherort für Dokumente bereit – vergleichbar mit einem Raum voller leerer Regale ohne Beschriftung. Hier könnten Dokumente zwar in einer beliebigen Ordnung gespeichert werden, aber es würden die gleichen Probleme entstehen, wie sie im klassischen Windows-Dateisystem oft auftreten. Schnell entstehen weit verzweigte Baumstrukturen mit zahlreichen Unterordnern und nach Kriterien, die nur für die Beschäftigten durchschaubar sind, die sie angelegt haben.
Egal ob Papier oder digital: Wie wollen wir ordnen? (KI-generiert, DiVA, 2025)Und nach Jahren fragt mancher sich vielleicht selbst: „Warum habe ich diese Ordnerstruktur überhaupt so geschaffen? Erfüllt sie noch meine Bedürfnisse und die meiner Kollegen? Wer darf worauf zugreifen und wie regele ich das, wenn Ordner nicht mehr benötigt werden oder Teile davon archiviert werden sollen?“ Die Herausforderung besteht also darin, Strukturen im DMS zu schaffen, die sowohl effizient als auch praxisnah und flexibel ist.
Oft kursiert deshalb die Meinung, dass ohne einheitliche Ablagesystematik ein Auffinden der richtigen Akten oder Dokumente erschwert oder unmöglich ist. Das mag für die Papierwelt stimmen, für elektronische DMS trifft es eher nicht zu. Gerade moderne Dokumentenmanagementsysteme verfügen über mächtige Suchwerkzeuge und Filterfunktionen – bis hin zur phonetischen Suche –, so dass Akten, Vorgänge und Dokumente in der Regel recht problemlos wiederaufgefunden werden. Daher sollten Ablage- und Ordnungssysteme auch nicht überbetont oder allzu perfektionistisch ausgeformt werden.
Andererseits darf dies nicht zu dem Irrtum verleiten, dass eine Ablagesystematik gar nicht mehr benötigt wird. Ganz im Gegenteil: Eine einheitlicher Ordnungsrahmen und zugehörige Aktenzeichen bleiben weiterhin bewährte Hilfsmittel, um sich in der Verwaltung zurechtzufinden. Außerdem hat eine Ablagesystematik oft andere wichtige Funktionen:
- Identifikation von Vorgängen für Mitarbeiter aus anderen Abteilungen, Bürger, Unternehmen und andere Behörden anhand von eindeutigen Aktenzeichen.
- Hinterlegte Aufbewahrungsfristen, die sicherstellen, dass Dokumente nicht zu früh oder zu spät gelöscht werden.
- Regelung der Zugriffsrechte für bestimmte Akten, Vorgänge und Dokumente.
Aktenplan, Produktplan, eigener Plan - was passt?
Vor allem Kommunen, die sich dem Thema E-Akte neu widmen, stellen daher häufig die Frage, für welche Ablagesystematik sie sich entscheiden sollen. In der kommunalen Praxis finden wir unterschiedliche Ordnungssysteme:
- Der Sächsische Aktenplan ist eine klassische und weit verbreitete Lösung, die sich an den Aufgabenfeldern der Verwaltung orientiert. Dieser Aktenplan ist kostenpflichtig über den Boorberg-Verlag zu erwerben. (Achtung: Der Erwerb durch die Kommune ist aus rechtlichen Gründen auch dann erforderlich, wenn dem DMS-Anbieter dieser Plan bereits vorliegt und ohne weiteres in das DMS eingespielt werden könnte.)
- Ein Produktplan hat sich alternativ dazu in etlichen Kommunalverwaltungen im Zuge der Doppikeinführung etabliert. Er ordnet Akten nach Produktgruppen und Produkten und mitunter auch den nach den zugrundeliegenden Leistungen. Die zwei wichtigsten Vertreter sind der KGSt-Produktplan, der auf der Internetseite der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung heruntergeladen werden kann und der Sächsische Produktrahmen.
- Einige Kommunen arbeiten aber auch mit eigenen, gewachsenen Systemen. Das ist zumeist möglich und kann vereinzelt sinnvoll sein, beispielsweise nach Eingemeindungen, Gemeindezusammenschlüssen usw.
Klassische Ansätze für Ablageordnungen (DiVA, 2025)Eine Betrachtung der jeweiligen Ordnungssysteme selbst gibt auf dem ersten Blick kaum Aufschluss über Vor- und Nachteile. Es sind auch gar nicht die Systeme selbst, die darüber Auskunft geben, sondern es hängt von der Situation in der eigenen Verwaltung ab, welche Ablagesystematik geeignet ist. Ein generell „bestes System“ gibt es also nicht – doch für jede Kommune kann die optimal passende Ablagesystematik bestimmt werden. Dabei müssen die rechtlichen, organisatorischen und strategischen Rahmenbedingungen der jeweiligen Kommunalverwaltung analysiert und darauf abgestimmt werden.
Werkzeug für die Wahl der passenden Ablagesystematik
Im Rahmen des Projekts DiVA wird ein Entscheidungshilfewerkzeug entwickelt, das Kommunen dabei unterstützt, die für ihre spezifische Situation am besten geeignete Ablagesystematik zu finden. Das Tool ermöglicht eine fundierte Entscheidung zwischen verschiedenen Modellen wie dem Sächsische Aktenplan, dem Sächsischen Produktrahmen und dem KGSt-Produktplan sowie individuell gewachsenen oder alternativen Systematiken.
Das Werkzeug ermittelt anhand gezielter Fragen, welche Ablagesystematik sich am besten in die bestehende Verwaltungsstruktur und -kultur einfügt.
Das Entscheidungshilfewerkzeug befindet sich derzeit in Entwicklung und wird sächsischen Kommunen demnächst über die Plattform des DiVA-Projekts kostenfrei zur Verfügung gestellt. Bis zu seiner Fertigstellung kann das inhaltliche Konzept des Werkzeugs direkt beim DiVA-Projekt angefordert werden.
Veränderungsbedarf
Die Einführung von Aktenplan oder Produktplan zwingt diejenigen Verwaltungen, die bislang nicht nach einem solchen System abgelegt haben, zu einer Umstellung.
Worin besteht diese? Die meisten Beschäftigten in mittleren und kleinen Verwaltungen haben „ihre“ Papierakten meist nahe bei der Hand. Zentralregistraturen sind eher eine Seltenheit. Aktenordner stehen daher oft in Regalen oder Ordnerschränken in den Diensträumen. Das heißt: Die Papierakte ist meist dort, wo die Aufgabe erfüllt wird. Oftmals ergeben sich daraus ämterbezogene oder sogar gebäude- und raumbezogene Ordnungen. Wenn die jeweilige Verwaltung gut organisiert ist, hat sie dieses System klassifiziert, dokumentiert und verbindlich geregelt. Dies ist jedoch leider nur selten der Fall.
Wird nun mit der E-Akte ein Produkt- oder Aktenplan eingeführt, so tritt dieser zunächst neben diese gewachsene Struktur.
Einige DMS-Anbieter gehen darauf ein, indem sie bestehende Ablagestrukturen (Orte, Regale, Schränke) digital nachbilden und erst im zweiten Schritt einen global geltenden Akten- oder Produktplan als übergreifendes Ordnungssystem implementieren. Kommunen, die noch keine Ablagesystematik verbindlich eingeführt haben (oder diese in der Praxis nicht leben), werden hier relativ schnell arbeitsfähig.
Andere Anbieter verlangen bereits vor der Einführung des DMS eine einheitliche Ablagesystematik, um darauf basierend die gesamte digitale Aktenstruktur aufzubauen. Vorteil hier: Die Entscheidung über eine verwaltungsweit einheitliche und systematisch strukturierte Ablageordnung kann nun nicht mehr aufgeschoben werden. Kommunen, die bereits in der analogen Welt mit einer verbindlichen Ablagesystematik gearbeitet haben und diese im Wesentlichen in die digitale Welt überführen wollen, ernten hier die Früchte dieser Vorarbeit.
Das ist natürlich nicht der einzige Aspekt bei der Entscheidung für oder gegen ein DMS-Produkt. Aber man sollte dies bei der Planung eventuell mitberücksichtigen.
Prozessorientierung
Weder der Sächsische Aktenplan noch die bekannten Produktpläne sind jedoch durchgängig an den Prozessen in einer Verwaltung orientiert. Wer darauf hofft, wird enttäuscht. Es kommt deshalb darauf an, neben der reinen (äußeren) Ablagesystematik Strukturen zu schaffen, die prozessorientiert sind, denn das ist in der Regel die effektivste Form der Aktenablage. Oft kann dies in der inneren Struktur einer Akte abgebildet werden, indem dort entsprechend in Vorgänge untergliedert wird (Grundprinzip: Akte-Vorgang-Dokument). Die meisten DMS-Anbieter begegnen diesem Bedürfnis durch ein Repertoire von Musterakten oder Fachkonfigurationen für eine Auswahl klassischer Verwaltungsaufgaben.
Und wenn Sie noch Fragen haben?
Das Projekt DiVA unterstützt Sie bei der Wahl der passenden Ablagesystematik. Hier geht's zur Website.