Die Unterhaltung der rund 20.000 km Gewässer II. Ordnung ist im Freistaat Sachsen eine kommunale Pflichtaufgabe der Städte und Gemeinden. Übergeordnetes Ziel der Gewässerunterhaltung ist es, oberirdische Gewässer in ihrer natürlichen Funktionsweise zu unterstützen. So können die Gewässer bestmöglich als natürliche Lebensgrundlage erhalten werden.
Unter Gewässerpflege fallen klassische Maßnahmen der Gewässerunterhaltung wie etwa die Erhaltung des Gewässerbettes und der Ufer. Dazu gehört aber auch eine stärker ökologisch orientierte, naturschonende Gewässerentwicklung zur Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers.
Gewässerunterhaltung ist organisatorisch, fachlich und finanziell eine anspruchsvolle Aufgabe. So reichen die zu unterhaltenden Gewässer naturgemäß in aller Regel über die Gemeindegrenzen hinaus. Gewässer II. Ordnung haben zudem häufig „Schnittstellen“ zu Gewässern I. Ordnung und ihre Pflege wirkt zwangsläufig auch auf die Flora und Fauna vor Ort. Eine „autarke“ Gewässerunterhaltung beschränkt auf ein Gemeindegebiet, ist vor diesem Hintergrund nicht sinnvoll. Vielmehr bietet sich an, das gesamte Einzugsgebiet eines Gewässers in den Fokus zu nehmen und auch die Lastentragung darauf auszurichten.
Ansatzpunkte für interkommunale Zusammenarbeit
Eine verstärkte Zusammenarbeit der Gemeinden über interkommunale Zusammenarbeit im Rahmen der Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung kann zielführend sein. Eine Aufgabenerfüllung kann im Zusammenschluss hilfreich sein, weil es oftmals an dem speziellen Fachwissen und technischen Kenntnissen sowie an Personal fehlt und die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung die Leistungsfähigkeit einzelner Gemeinden vor allem im ländlichen Raum deutlich übersteigt.
Der Sächsische Rechnungshof weist in seinen Organisationsempfehlungen für kleinere Gemeinden für die Pflichtaufgabe Gewässerunterhaltung einen Kennwert von 1 Vollzeitäquivalent (VZÄ) je 100 km Gewässerlänge aus (nur Verwaltungstätigkeiten). Gemessen an der Gewässerlänge würden unter Zugrundelegung dieses Kennwertes demnach rein rechnerisch rd. 68 % aller sächsischen Gemeinden weniger als 0,5 VZÄ für die verwaltungsseitige Erfüllung dieser Aufgabe benötigen. Entsprechende Fachkräfte in diesem (geringen) Arbeitszeitumfang zu binden, dürfte sich regelmäßig als schwierig erweisen. Ein Zusammenschluss von mehreren Gemeinden zur gemeinsamen Finanzierung solcher Fachkräfte erscheint auch vor diesem Hintergrund sinnvoll und effizient.
Als Haupthindernis für eine flächendeckende Umsetzung erweist sich derzeit aber weiterhin die unklare Situation bezüglich der auskömmlichen Finanzierung der kommunalen Aufgabe. Der im Kommunalen Finanzausgleich bereitgestellte pauschalierte Lastenausgleich kann nur eine anteilige Kostendeckung bewirken. Eine Gewässerunterhaltungsabgabe ist zwar im Sächsischen Wassergesetz vorgesehen, eine rechtssichere Kalkulation und Erhebung erscheint allerdings angesichts der unzureichenden Rechtsgrundlagen und der aktuellen Rechtsprechung kaum möglich.
Ein weiteres Problem ist die im Einzelfall immer noch schwierige Abgrenzung der Gewässer II. Ordnung zu künstlichen Gewässern wie beispielsweise Straßenseitengräben und Meliorationsanlagen sowie die Öffentlichkeit von Gewässern im Rahmen des Gemeingebrauchs.
Interkommunale Kooperationsformen - Gewässerunterhaltungsverbände
Als interkommunale Rechtsformen für die gemeinsame Aufgabenerledigung der kommunalen Pflichtaufgabe „Unterhaltung Gewässer II. Ordnung“ kommen Gewässerunterhaltungsverbände ausgestaltet als Zweckverband gemäß § 44 ff. SächsKomZG oder als Wasser- und Bodenverband nach dem Gesetz über Wasser- und Bodenverbände (Wasserverbandsgesetz – WVG) in Betracht.
§ 32 Abs. 2 SächsWG lässt den Zusammenschluss von Gemeinden in Zweckverbänden zu (GU-Verbände). Gemäß § 76 Abs. 2 SächsKomZG sind analog die Vorschriften über Zweckverbände im SächsKomZG entsprechend auf Wasser- und Bodenverbände anwendbar, soweit sich aus dem Wasserverbandsgesetz nichts anderes ergibt.
In Sachsen existieren zurzeit (Stand 04/2023) nur zwei interkommunale Gewässerunterhaltungsverbände: Der Zweckverband Parthenaue sowie der Wasser- und Bodenverband Torgau.
Weitere grundlegende Information zur Rechtsform „Zweckverband“ finden Sie in unserer Rubrik „IKZ-Grundlagen“.
Ein Wasser- und Bodenverband ist wie auch der Zweckverband eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und dient dem öffentlichen Interesse und dem Nutzen seiner Mitglieder. Mitglieder können auch Eigentümer und Erbbauberechtigte von Grundstücken und Anlagen (dingliche Mitgliedschaft) und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts im Einzugsgebiet des Gewässers sein. Im Bereich der Gewässerunterhaltung kann der Wasser- und Bodenverband unter anderem folgende Aufgaben übernehmen:
- Ausbau einschließlich einem naturnahen Rückbau von Gewässern
- Bau und Unterhaltung von Anlagen in und an Gewässern
- Schutz von Grundstücken vor Sturmflut und Hochwasser
- technische Maßnahmen zur Bewirtschaftung der oberirdischen Gewässer, Herrichtung, Erhaltung und Pflege von Flächen, Anlagen und Gewässern zum Schutz des Naturhaushalts, des Bodens und für die Landschaftspflege
- Förderung der Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft und Fortentwicklung von Gewässer-, Boden- und Naturschutz
- Förderung und Überwachung der vorstehenden Aufgaben
Die Gründung eines Wasser- und Bodenverbandes erfolgt durch einstimmigen oder mehrheitlichen Beschluss der Beteiligten oder von Amts wegen. Die Gründung und die Satzung müssen von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben erheben die Wasser- und Bodenverbände in der Regel Beiträge. Die Beiträge sind öffentliche Abgaben und ruhen als öffentliche Last auf den Grundstücken der dinglichen Verbandsmitglieder.